Nicht denken. Machen!
Lass mich dir eine Geschichte über einen Fotografen erzählen. Er fing an, mit seinem Telefon zu fotografieren. Dann hatte er das Glück, sich eine tolle neue spiegellose Kamera zu kaufen. Im Komplett-Set mit 35mm-Festbrennweite und einem sexy Vintage-Lederband.
Er nahm sie überall hin mit. Es war sein neues Baby. Er machte Aufnahmen. Dann machte er noch mehr. Er konnte nicht aufhören, Fotos zu machen. Er machte Straßen-, Architektur-, Landschafts-, Reise- und Porträtfotos. Er verbrachte die meiste Zeit im Wachzustand damit, sich YouTube-Videos über die Bearbeitung in Lightroom anzusehen. Er las Bücher über die Theorie der Fotografie und die Wissenschaft des Lichts. Doch am Ende von all dem war er nicht glücklich mit seiner Arbeit und wusste nicht, warum.
Der erste Gedanke in seinem Kopf war, die Schuld der Kamera zu geben. Eine neue, teurere Linse könnte das Problem lösen. Es könnte sein Laptop sein. Mit einem leistungsfähigeren Prozessor und einem Bildschirm mit höherer Auflösung würde er sich verbessern, da war er sich sicher. Selbst nach all dem, nagte etwas an ihm. Er wusste, dass er es besser machen konnte.
Nun, es bereitet mir wahre Freude, dir zu sagen, dass seine Arbeit sich tatsächlich verbessert hat und er mit seiner Kunst viel glücklicher geworden ist. Nicht durch eine teurere Kamera. Nicht durch die Aufrüstung seines Computers. Er tat es, indem er entdeckte, was seine Fotografie einzigartig machte, und indem er sie nutzbar machte.
Noch glücklicher bin ich, dass ich derjenige war, der ihm den Floh ins Ohr gesetzt und ihn auf den richtigen Weg gebracht hat. Ich weiß, dass dies für manche da draußen eine bekannte alte Geschichte sein wird. Aber ich würde mich freuen, wenn ich dem einen oder anderen helfen könnte. Helfen, sich selbst in einer Welt voller Gleichheit und Nachahmung zu finden. Helfen, deine Kreativität zu finden und zu kultivieren.
Sei egoistisch.
Ich beginne mit dem Härtesten von allen. Sei egoistisch. Das bedeutet nicht, dass man alle seine Süßigkeiten für sich behält. Sondern vielmehr, Dinge für sich zu tun und nicht zum Vergnügen anderer. Nimm dir etwas Zeit, um zu beurteilen, was es mit der Fotografie auf sich hat, das dich vor Aufregung kribbeln lässt. Versuche, nicht in die Falle zu tappen, Fotos zu machen, von denen du glaubst, dass sie dir die meiste Aufmerksamkeit bei Instagram oder Fratzenbuch verschaffen. Das ist ein kalter und einsamer Weg. Erschaffe Kunst, die dir Glück bringt, und die Begeisterung wird folgen.
Und hab keine Angst, zu versagen!
Vergiss Instagram für die Inspiration.
Wenn es um Kreativität und Einzigartigkeit in der Fotografie geht, wirst du bei Instagram wenig wirklich Inspirierendes und Herausragendes finden. Wie heißt es so schön? Alles auf der Welt wurde schonmal fotografiert. Nur noch nicht von jedem. Wenn du kannst, bleib weg von der Masse. Nutze andere Medien, um neue Künstler zu entdecken. Mein persönlicher Favorit sind Bücher. Es hat etwas sehr Inspirierendes und Einzigartiges, mit der Fotografie von der gedruckten Seite aus zu interagieren. Sie verleiht der Fotografie so viel mehr Gewicht und Mystik und könnte der Funke der Inspiration sein, nach dem du suchst.
Kopiere nicht. Lass dich inspirieren.
Egal, wie schwierig die Zeiten werden. Wenn du dich auf dem Tiefpunkt befindest und alles, was du produzierst, Currywurst mit Pommes ist, mache nicht den Fehler, die Arbeit eines anderen Künstlers zu kopieren. Ich weiß, dass kann sehr, sehr verlockend sein, weil es einfach ist und man so schön faul sein kann. Vielleicht kommt es sogar bei vielen Leuten an, und sie glauben, es wäre deine Arbeit.
Aber du wirst wissen, dass es nicht so ist.
Tief im Innern wird ein kleiner Zweifel an dir nagen und es wird sich ein schwarzes Loch auftun. Ein Loch, in das all deine Wertschätzung und dein Selbstwertgefühl fallen werden. Kurz: Es wird dir keine Genugtuung bringen.
Lass dich stattdessen inspirieren. Es ist nichts Falsches daran, Elemente aus der Arbeit anderer Künstler zu verwenden, um die eigene Arbeit zu beeinflussen. Das ist seit Anbeginn der Menschheit üblich. Darüber hinaus ist es wichtig, ein Gefühl für den eigenen Platz in der Fotolandschaft zu entwickeln. Wo bist du im Verhältnis zu anderen Fotografen positioniert? Mische Elemente nach Belieben. Aber stelle sicher, dass das Ergebnis dein eigenes ist.
Das Leben ahmt die Kunst weit mehr nach als die Kunst das Leben.
Oscar Wilde
Sei selbst dein schärfster Kritiker.
Trete einfach mal einen Schritt zurück und analysiere deine Arbeit. Wähle 20 deiner Lieblingsaufnahmen aus, drucke sie aus, und lege sie auf einen Tisch. Suche nun nach Gemeinsamkeiten in ihnen. Frage dich, was du an ihnen magst und was nicht. Warum?
Analysiere sie in Bezug auf ihre Farbgebung, ihre Stimmung, ihre Struktur, ihren Bearbeitungsstil, ihr Thema, ihre Ausrichtung, den Einsatz von Farbe und den Gebrauch von Schatten und Licht.
Das letztendliche Ziel ist es, erkennen zu können, was dich als Künstler und Person ausmacht. Was hat sich durch deine Arbeit unbewusst offenbart? Du wirst feststellen, dass Themen und Motive durchgesickert sind, ohne dass du dir dessen bewusst bist.
Es ist übrigens gar nicht so schwer, dein Leben zu ändern…
Zu Beginn deines (neuen) fotografischen Lebens wirst du dich vielleicht nicht wohl dabei fühlen, deine eigene Arbeit zu kritisieren. Wenn das der Fall ist, verzweifele nicht gleich. Es bietet sich an, einen Freund oder Kollegen zu bitten, dir stattdessen eine Rückmeldung zu geben. Es ist überraschend, welche Einsichten ein frisches Paar Augen bringen kann. Vor allem aber solltest du dich immer wieder anstrengen und dich nicht mit einem „ok“ zufrieden geben. Sei ehrlich und du wirst dich verbessern.
Gib nicht nicht auf.
Es ist wichtig, dir bewusst zu sein, dass du nicht der einzige Fotograf bist, der darum kämpft, seinen eigenen Stil zu entdecken. Jeder, den ich kenne, hat das schon einmal durchgemacht. Finde Trost in der Tatsache, dass du nicht alleine bist. Glaub mir, es wird leichter werden, und du wirst deine ganz eigene Richtung finden. Als Fotograf musst du auch in schwierigeren Zeiten immer wieder um Verbesserung und Weiterentwicklung bemühen. Das „Wie“ und deine Art, diese Schwierigkeiten zu überwinden, wird dich als Künstler definieren und deine Einzigartigkeit herausstellen.
Es ist nicht so, dass ich so klug bin, es ist nur so, dass ich länger bei Problemen bleibe.
Albert Einstein
Macht’s gut und Danke für den Fisch…