Starte dein Fotografie-Business
…aber mach dich auf was gefasst
Aufpassen! Wenn du in deiner ersten Euphorie tatsächlich ganz blauäugig denkst, dass du von der Fotografie leben kannst, denke daran, dass du eine solide Basis brauchst. Option 1: Entweder du machst das Ganze nebenberuflich, dann solltest du natürlich einen sicheren Hauptjob haben, der dich und womöglich deine Familie jeden Monat sicher ernähren kann. Das heißt: Du musst sämtliche Kosten decken können. Dazu gehören deine Miete (dein Haus), dein Auto, deine Lebenshaltungskosten allgemein (Essen, Trinken, Kleidung, Telefon, Internet, Versicherungen, private Altersvorsorge… der ganze übliche Kram also). Dazu kommen bei einer Selbstständigkeit als Fotograf noch weitere laufende Kosten wie Handwerkskammer, Berufsgenossenschaft, Betriebshaftpflichtversicherung, Anschaffung und Wartung von Equipment, Rücklagen für Neuanschaffungen, Software für die Bildbearbeitung, Software für die Buchhaltung, Steuerberater… Wenn du dir dann auch noch den Luxus von Freizeit leisten kannst, solltest du auch hier die Kosten einkalkulieren, diese auch gestalten zu können. Über Urlaub reden wir nicht – du willst ja ein Business aufbauen, das vielleicht irgendwann einmal deine Haupt-Einnahmequelle wird. Option 2: Du beginnst deine Selbstständigkeit hauptberuflich. Auch hier gibt es wieder etliche Möglichkeiten. Wenn du bereits feste Kunden an Land ziehen konntest, die dir über die nächsten 4-5 Jahre einen monatlichen Umsatz von ~5.000 € garantieren – geil! Leg sofort los! Das reicht für einen Einstieg. (Immer daran denken: Umsatz ist NICHT gleich Gewinn!) Ich gehe davon aus, das gerade beschriebene Szenario trifft in den wenigsten Fällen zu.
Nicht umsonst ist die jährliche Zahl der Gewerbe-Abmeldungen bei Fotografen regelmäßig höher als die Zahl der Anmeldungen (Quelle: HWK)
Aber auch bei dieser Variante gelten die gleichen Voraussetzung wie bei Option 1, hier hast du jedoch keine sichere Rückendeckung mehr durch einen Hauptjob. Du bist komplett auf dich alleine gestellt und musst vom ersten Tag an von deiner Fotografie leben und die monatlichen Ausgaben stemmen können. Das ist fucking hartes Brot! Glaub mir!
Ein eigenes Geschäft aufzubauen ist keine Kleinigkeit. In keiner Branche. Ich selbst habe über 10 Jahre gebraucht und mir den Arsch aufgerissen, den Geschäftszweig Fotografie so aufzubauen, dass er heute als eigenständiges Unternehmen überlebensfähig ist und mir nebenbei meinen Ruhestand gut finanziert. Und das, obwohl ich aus meiner Tätigkeit bei einem der größten europäischen TV-Sender und auch aus meiner eigenen Werbeagentur schon die besten Beziehungen und Kontakte zu einflussreichen und finanzkräftigen internationalen Unternehmen hatte und sogar mit Promis und VIPs per du war. Als ambitionierter und aufstrebender Fotograf ist die wichtigste Frage, wie man ein idiotensicheres Fotogeschäft aufbaut. Fast jeder Depp, der eine gute Kamera hat, ist so naiv, zu denken, dass das schon die Grundlage für eine fruchtbare Selbstständigkeit ist. In der Realität ist Fotografie jedoch ebenso eine Kunst wie Zeichnung, Malerei oder Musik. Es reicht nicht aus, die richtigen Techniken wie Beobachtung des Lichts, ausgewogene Komposition, Farbtheorie, Rhythmus, Ästhetik und Form zu kennen.
Hier findest du einige hilfreiche Tipps und Basics, wie du dir mit der Fotografie trotzdem etwas aufbauen kannst.
1. Lerne den manuellen Modus in- und auswendig
Eine der wichtigsten Grundlagen ist, Licht zu verstehen, wenn du im manuellen Modus fotografierst. Das mag auf den ersten Blick abschreckend oder einschüchternd wirken, aber sobald du die Art und Weise, wie Licht in deiner Kamera aufgenommen wird, wirklich begriffen hast, kannst du die volle kreative Kontrolle über jedes Bild übernehmen. Das hilft dir auch bei extrem schwierigen Lichtsituationen, mit denen der Automatikmodus nicht umgehen kann. Der manuelle Modus zwingt den Fotografen, zu verstehen, was in der Kamera passiert.
2. Lerne dich selbst und deine Arbeit kennen
Der nächste Schritt besteht darin, deinen eigenen Stil zu finden und ein Gesamtwerk zu schaffen, das ästhetisch konsistent ist. Das kann ruhig dein Startportfolio sein. Es ist wichtig zu wissen, dass sich dein Portfolio im Laufe der Zeit immer weiterentwickelt und ändert, wenn deine Arbeit reifer wird. Dafür musst du jedoch erst einmal herausfinden, welche Art von Fotografie dir wirklich liegt und womit du dich am meisten identifizieren kannst. Das wird ein Bereich sein, auf den du immer wieder zurückgreifen kannst. Am Anfang solltest du zuerst herauszufinden, welche Dienstleistungen du mit vollem Vertrauen und Wissen erbringen kannst. Echte Kameraerfahrung zu sammeln und viel Weiterbildung zu betreiben, wird dein Selbstvertrauen stärken.
3. Erstelle einen Businessplan
Das Erstellen eines Geschäftsplans ist gar nicht so schwer. Allgemeine Muster-Vorlagen findet du zum Beispiel » hier↗. Besser ist natürlich eine Vorlage, die für das Unternehmen eines Fotografen geeignet ist. Die Dinger kosten meistens Geld, sind aber im Endeffekt leichter und effektiver zu handhaben (Zum Beispiel hier↗). In diese Vorlage trägst du jetzt deine eigenen Informationen ein. Du kannst daas Ganze für den Anfang sogar auf ein einfaches Blatt Papier schreiben. Jeder Fotograf muss einen Geschäftsplan haben. Deine Preisgestaltung bestimmt deinen Gewinn [Hier findest du einen Artikel zur Preisgestaltung für Fotografen↗]. Beginne mit der Festlegung des Mindesteinkommens, das du zum Überleben benötigst, und einer realistischen Summe, die du in diesem Jahr erzielen möchtest. Wenn du von dort aus rückwärts arbeitest, kannst du deine Ziele festlegen und Schritte planen, um dies zu erreichen. Je nach vorhandenem finanziellen Hintergrund hat jeder Mensch einen anderen Ansatz und eine andere Grundlage für die Gründung. Das Festlegen eines Mindestpreises ist wichtig, um im Geschäft zu bleiben. Manchmal verstehen Kunden möglicherweise nicht, wie viel Arbeit bei der Erstellung von Fotos anfällt, daher ist es ratsam, dass du in der Lage bist, den Wert deiner Arbeit verkaufen zu können. Dazu weiter unten mehr.
4. Ausrüstung kaufen
Dieser Schritt ist absolut notwendig, sollte aber trotzdem auch nicht überbewertet werden. Als Startup musst du nicht gleich mit deiner Fotoausrüstung in die Pleite steuern. Die Investition in eine gute Kamera und einige Objektive ist jedoch immer eine gute Idee. Das Basis-Kit für einen professionellen Fotografen sollte mindestens ein Kameragehäuse umfassen, das hochauflösende Fotos erstellen kann. 2-3 verschiedene Brennweiten, ein externes Blitzgerät und ein Stativ gehören ebenfalls dazu. Je nachdem, welche Sicherheit du haben möchtest, falls mal etwas Technisches ausfällt, empfiehlt sich zumindest beim Kamera-Body eine zweite, gleichwertige Ausrüstung. Gerade bei der Hochzeitsfotografie ist das unverzichtbar. Solche Momente lassen sich nicht nachstellen und auch nicht wiederholen. “Wat fott is, is fott” sagt man in Köln und der Eifel. Unnötige Ausrüstung und Ausrüstung dagegen kann für dein Unternehmen schädlich sein. Mit der Zeit wird deine Ausrüstung immer umfangreicher und du wirst auch feststellen, mit welcher Art von Ausrüstung du am liebsten arbeitest. Btw: Du solltest möglichst nicht an der Qualität deines Werkzeugs sparen. Einen kleinen Exkurs zu billigem Equipment findest in meinem Beitrag “Geiz ist geil↗”.
5. Lerne verkaufen – oder du bist raus!
Jetzt ist es Zeit für Marketing, Marketing und Marketing. Beginne mit den Grundlagen wie dem Erstellen einer Website und Social-Media-Seiten, und arbeite an der Erstellung deiner Services und deines Portfolios sowie an der Schaffung deiner Marke. Da du ja über einen Geschäftsplan verfügst, kannst du leichter entscheiden, welche Inhalte auf der Website verfügbar sind und welche Dienste du anbieten kannst. Niemand kann sich dafür interessieren, welche Art von Arbeiten du anbietest, wenn du dich nicht darum kümmerst, das auch zu publizieren und zu kommunizieren. Man kann nicht oft genug betonen, wie großartig eine Social Media-Präsenz für ein Fotografieunternehmen sein kann. Wir betrachten jeden Tag Tausende von Bildern auf unseren Handys. Es ist für Fotografen extrem einfach geworden, ihre Arbeiten online zu präsentieren und zu vermarkten. Andere kleine Dinge wie das Erstellen eines eigenen Logos und das Entwickeln einer Corporate Identity sind sehr hilfreich, um eine Marke zu schaffen. Deine Zielgruppe zu verstehen und ein gutes Netzwerk zu pflegen, macht einen echten Geschäftsmann aus.
6. Sei geduldig und professionell
Nun, da du bereit bist, deine Foto-Business zu starten, solltest du dich an diese beiden Dinge erinnern: Der Beruf des Fotografen ist hart und voll von Mitbewerbern. Was von außen sehr leicht und lustig erscheinen mag, erfordert jedoch harte Arbeit und Talent. Du bist vielleicht ein großartiger Fotograf, aber es braucht Zeit, um im Marketing und im Kundenservice gut zu sein. Ein Unternehmen braucht Zeit, um sich durchzusetzen und bekannt zu werden. Geduld und konsequente harte Arbeit sind der Schlüssel zu einem erfolgreichen Geschäft. Ich selbst habe es in meinen Anfangszeiten nicht unter einer 90-Stunden-Woche geschafft. Du musst vor allem auch lernen, von Anfang an professionell zu sein. Erstelle Verträge und Rechnungen und führe eine Aufzeichnung aller Geschäftsvorgänge. Ein Fachmann sollte mit seinen Kunden respektvoll umgehen und ihre Bedürfnisse stets berücksichtigen. Du möchtest doch auch, dass deine Kunden zu dir zurückkommen und die an ihre Freunde, Familie und Geschäftspartner weiterempfehlen. Der Weg zum erfolgreichen Fotografen kann sehr lang sein. Aber es ist wichtig, dass du die Hoffnung nicht verlierst und an deinem Traum festhältst. Gebe immer 150 Prozent, egal, was kommt, und bereite dich auf eine Achterbahnfahrt vor. Schaffe dir eine Nische und vergiss nicht, dir immer Rücklagen für Zeiten zu schaffen, in denen du keine Einnahmen haben wirst. Davon wird es sehr viele geben.
Wie immer: Wenn dir meine Gedanken und meine Worte gefallen oder sogar ein bisschen weitergeholfen haben, würde ich mich freuen, wenn du diesen Artikel mit Anderen teilst. Dann hat sich auch meine Arbeit gelohnt. Danke. Dein