Komfortzone

Was zum Henker ist diese fucking "Komfortzone", von der jeder Möchtegern-Coach, Speaker, Weltverbesserer und Heile-Welt-Prediger dauernd so erwartungsschwanger berichtet? Wer braucht das? Brauchst du es überhaupt?

Verlasse deineKomfortzone?

Vergiss den Bullshit. Brauchst du nicht.

Ja, du hast richtig gelesen. Ich bin absolut kein Fan dieser „Life begins at the end of your comfort zone“-Bilder, die sich gerade viral sowohl auf Facebook als auch auf sämtlichen Pinnwänden verbreiten.

Ich muss zugeben, ich habe erst letztens ein ebensolches Bildchen von meiner eigenen Wand gerissen. Denn ich habe etwas kapiert. Dieses ganze „Verlass deine Komfortzone“-Zeug frustriert mehr als dass es etwas bewirkt. Wir fühlen uns einfach nicht so wie die tollen Helden, die das empfehlen. Wir brauchen erst gar nicht damit anfangen, denn wir packen das sowieso nicht.

Schauen wir uns mal das Konzept der Komfortzone genauer an. Vielleicht kennst du Bildchen wie dieses hier:

Raus aus der Komfortzone

Was sagt es uns? Dass wir uns innerhalb einer Komfortzone befinden und darin keine Chance darauf haben, jemals etwas Großartiges oder gar Magisches zu erleben. Niemals. Solange man da drin ist, ist alles öde, nichtmagisch und sterbenslangweilig. Du bist ein Zombie, der mit geschlossenen Augen durch die Welt wandert und wirst erst zum wertvollen Mensch, wenn du deine Komfortzone endlich verlässt!

Mööp. Na toll.

Ist das Unglück beim Nichtverlassen der Komfortzone wirklich vorprogrammiert?

Es gibt Menschen, die schaffen es tatsächlich, sich absichtlich in Situationen zu begeben, die sich weit außerhalb der eigenen Komfortzone befinden, die das Abenteuer lieben und den Nervenkitzel suchen. Dass diese Menschen dabei Erstaunliches erleben und viel lernen, will ich in keinster Weise anzweifeln. Aber mal ganz ehrlich? Wie viele machen das tatsächlich? Und wie viele fühlen sich von den ganzen „Comfort-Zone-Crushern“ nur noch mehr in ihrer eigenen Mittelmäßigkeit bestätigt? Für die Abenteuer-Typen mag das Ganze ja wunderbar sein. Aber ich gehöre nicht zu ihnen. Und du vielleicht auch nicht. Und das ist auch überhaupt nicht schlimm. Denn wie ich dir gleich zeigen werde, kann man auch ohne den großen Sprung aus der Komfortzone jede Menge „Magic“ erleben!

Noch vor ein paar Monaten war ich jedoch überzeugt davon, dass das Verlassen der Komfortzone die einzige Möglichkeit darstellt, aus einem mittelmäßigen Leben ein besonderes zu machen. Aber ein Erlebnis hat mich eines Besseren belehrt:

Ich bin vor Kurzem in die Teenie-Zeit abgetaucht und habe das Konzert meiner derzeitigen Lieblingsband besucht. Dass es großartig war, brauche ich wohl nicht zu erwähnen. Im Anschluss daran war das Highlight natürlich die Autogrammstunde, die ich dazu nutzen wollte, mich mal so richtig bei jedem einzelnen Bandmitglied für die geniale Musik und das wundervolle Konzert zu bedanken. Das tat ich auch in aller Ausführlichkeit. Natürlich war ich davor ein wenig aufgeregt, aber die Freude überwog bei Weitem.

Das Gespräch war noch großartiger als ich es mir vorgestellt hatte, und ich bin mit einem breiten Grinsen nach Hause gefahren – und einem wundervollen Erlebnis, das mir für immer im Gedächtnis bleiben wird. Aber halt – ich habe meine Komfortzone ja gar nicht verlassen! Laut dem Bildchen oben dürfte ich das aber nicht erlebt haben, denn solche Dinge erlebt man ja nur außerhalb der Komfortzone! Wie kann es dann so großartig gewesen sein? Schlagartig ist mir bewusst geworden, dass es für mich früher eine große Überwindung gewesen wäre, so locker-flockig mit „Stars“ zu quatschen. Vermutlich hätte ich kaum ein Wort herausbekommen. Die Tatsache, dass es jetzt anders war, machte mich richtig happy!

Was war passiert?

Ganz einfach: Meine Komfortzone hatte sich vergrößert. Nehmen wir an, ich hätte vor 10 Jahren das Ziel gehabt, mit der Band zu quatschen. Dann hätte das Ganze so ausgesehen:

Ich hätte das Ziel nur erreicht, wenn ich über den Graben von meiner Komfortzone zur magischen Zone gesprungen wäre. Da die meisten Menschen davor zurückschrecken (es ist ein verdammt tiefer und gefährlicher Graben – zumindest in unserer Vorstellung), verlieren sie oft ihr Ziel aus den Augen und geben auf, es jemals erreichen zu können. Sie sind frustriert.

Doch das ist nicht der einzige Weg. Ich habe einfach ein paar Jährchen gewartet, bis mein Selbstbewusstsein und somit auch meine Komfortzone gewachsen sind. Und – schwupps –  mein einstiges Problem erledigte sich plötzlich von alleine:

Du siehst: Das Verlassen der Komfortzone ist nicht – wie so oft dargestellt – der einzige Weg, um seine Ziele und Träume zu erreichen! Schritt für Schritt lässt sich ebenso alles erreichen. Nicht jeder Mensch ist dazu geboren, mit Pauken und Trompeten in 7 Tagen zum „Erfolg“ zu fliegen. Bei  manchen dauert es 7 Jahre. Oder 70. Und ich denke, das hat seinen Grund, denn in all dieser Zeit lernst du dich selbst kennen. Du lernst, auf deine Intuition zu vertrauen und kleine Schritte auf dein Ziel zuzumachen. Und das alles ist unglaublich wichtig.

Ich bin der Meinung, dass diejenigen, die ständig behaupten, dass man aus seiner Komfortzone herausspringen soll, bereits ein sehr gut entwickeltes Selbstbewusstsein haben. Sonst würden sie auf solche Gedanken nämlich überhaupt nicht kommen. Falls dein Selbstbewusstsein gerade noch im Aufbau ist – lass dir Zeit dabei! Es ist für dich jetzt das Wichtigste. Ärgere dich nicht darüber, dass du eine Möglichkeit, die Komfortzone zu verlassen, schon wieder nicht ergriffen hast. Die Zeit war noch nicht reif dafür.

Vergrößere deine Komfortzone einfach!

Wenn ich sage, dass man auch Schritt für Schritt an sein Ziel kommt, ist das jedoch kein Freifahrtschein, vollkommen in Passivität zu versinken und sich nur noch vom Fernseher berieseln zu lassen. Aber wenn du das wölltest, wärst du vermutlich nicht hier. Ich denke, du willst nach vorne. Vielleicht bist du dir noch nicht sicher, wohin, aber dir ist klar, dass du nicht da bleiben willst, wo du dich momentan befindest. Und das wirst du auch nicht, wenn du deinen Blick auf das wirklich Wichtige richtest:

Folge dem Kribbeln. Tue häufig das, was dir Freude bereitet. Gehe liebevoll mit dir selbst um. Höre genau auf deine Intuition. Setze dich selbst zur obersten Priorität. Du bist der wichtigste Mensch in deinem Leben.

Und dann wird deine Komfortzone wachsen. Vielleicht wirst du – wie ich – Rückschläge erleben und frustriert sein. Aber du wirst ebenso erleben, wie dir plötzlich Dinge, die dir zuvor als unmöglich erschienen, leicht fallen. Du wirst merken, dass du dich nach vorne bewegst.

Entdecke die Wunder in deiner Komfortzone!

Übrigens: Wer sagt denn, dass dieses Magic unbedingt etwas Riesiges, Gigantisches, alles Verschlingendes sein muss? Ich beobachte die Magie meist in den kleinen Dingen: Der Sonne, die gerade jetzt auf mein Gesicht scheint; dem wundervollen Song, den ich höre; dem Lächeln eines Fremden. All das, was wir nicht wahrnehmen, wenn wir uns zu sehr darauf fixieren, aus unserer Komfortzone zu springen. Diese Dinge passieren in der Komfortzone und sie sind ebenso wertvoll – wenn nicht noch wertvoller – als die großen Erlebnisse. Wir können durch die kleinen Dinge des Alltags ebenso viel lernen, uns ebenso weiterentwickeln und wachsen. Alles, was es braucht ist Aufmerksamkeit und Dankbarkeit.

Du siehst: Nur wenn man innerhalb seiner Komfortzone bleibt, bedeutet das nicht, dass man faul ist und gar nichts tut. Man kann sehr wohl in seiner Komfortzone agieren, sie ausweiten und seine Grenzen bestimmen. Man kann sich Schritt für Schritt seinen Zielen nähern, die (noch) außerhalb der Komfortzone liegen. In der Komfortzone zu bleiben bedeutet nicht, dass man stagniert oder sich gar zurückentwickelt. Es bedeutet vielleicht nur, dass man ein wenig langsamer und bedachter vorgeht. Und das hat bisher nur Wenigen geschadet.

Also, wenn dir das nächste Mal jemand erzählst, dass du gefälligst deine Komfortzone verlassen solltest, dann streck ihm doch einfach die Zunge raus und bleibe darin! Es gibt auch in ihr jede Menge Wunderbares zu entdecken!

Wie siehst du das mit der Komfortzone? Springst du aus ihr heraus, bleibst du in ihr oder dehnst du sie langsam aus?

Dein

Hochzeitsreportage

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