Konstruktive Kritik? Bullshit.

Hör auf, die Leute zu fragen, was sie über deine Fotos denken oder was du deren Meinung nach tun solltest, um besser zu werden - hör einfach auf. Es hilft dir nicht.

Hör auf, nach Meinungen zu fragen!

Und: Hör auf, zu jammern. Niemand fragt nach deinen Gefühlen.

Hör auf, die Leute zu fragen, was sie über deine Fotos denken oder was du deren Meinung nach tun solltest, um besser zu werden – hör einfach auf. Es hilft dir nicht – es macht es sogar schwieriger, Fortschritte zu machen und dich als Fotograf zu verbessern, weil die Meinungen, die du bekommst, oft deine zukünftigen Entscheidungen beeinflussen und dich an deinen eigenen kreativen Instinkten zweifeln lassen. Verschiedene Menschen haben unterschiedliche Geschmäcker und Meinungen, und es gibt keine Möglichkeit, alle zufrieden zu stellen. So ähnlich wie in der Politik.

Seit Jahren beobachte ich Fotografen, die Fotos online mit der Überschrift “Konstruktive Kritik erwünscht” veröffentlichen. Wenn es um Fotokritiken geht, ist die Ironie, dass wenn Kritik veröffentlicht wird, eines von zwei Dingen passiert: Entweder der Fotograf schlägt zurück und verteidigt sein Foto und die Art, wie er es gemacht hat und warum oder in den Kommentaren heißt es, dass dies und das zwingend falsch ist und geändert werden sollte – weil es eine Regel ist.

ES GIBT KEINE REGELN!

Irgendein Depp wird dir erzählen, das dein Model immer scharf im Vordergrund und der Hintergrund unscharf sein muss. Ein anderer erzählt dir, dass dein Foto nur mit einer Vollformat-Kamera wirklich gut werden kann, weil er sich selbst gerade bei Amazon so ein Ding auf Pump gekauft hat. Wieder Andere erklären dir, dass nur Titten und nackte Weiber Klicks und Likes bringen. Alles Bullshit. Forget it!

Es ist schlicht so gut wie unmöglich, auf diesem einem einfachen Weg gute und brauchbare Informationen und Hilfen zu bekommen, die dir helfen, deine Fotografie wirklich zu verbessern. Tatsache ist, dass die meisten Leute nicht wissen, wie man gute konstruktive Kritik gibt und in Worte und Sätze fasst. Du bekommst einen Sack voller subjektiver Meinungen und Interpretationen. That’s all.

Wer ein Foto (beispielsweise) in einer Facebook-Gruppe postet mit dem Text “Meinungen?” oder “was haltet ihr von dem Foto?”, der darf sich nicht wundern, wenn er genau das bekommt: Meinungen. Subjektive Meinungen. Bringen die dich weiter? Lernst du aus Meinungen anderer Leute? NEIN. Im Gegenteil – und da sind wir wieder genau an dem Punkt aus dem ersten Absatz: Du wirst in deiner eigenen Kreativität, deinem Blick, deiner Sichtweise, deinem Stil beeinflusst und kannst dich nicht weiterentwickeln. Du machst das nach, was Andere gerne hätten. Meinungen haben nichts mit dem zu tun, was ein Foto gut oder schlecht macht. Aus dem einfachen Grund, weil es eigentlich keine guten oder schlechten Fotos gibt. “Eigentlich”? Ja, eigentlich.

Wenn du Informationen, Kommentare, Hilfen, whatever möchtest, gibt es durchaus einen Weg, für dich einen Mehrwert zu bekommen. Dafür sollte aber bereits der Text zu deinem Foto, das du postest, Informationen für den Betrachter und den möglichen “Kritiker” enthalten.

Tipp 1: Schreibe, auf welchem Level du dich momentan befindest.

Zum Beispiel, dass du für das Foto zum ersten Mal einen Blitz eingesetzt hast, dass du erst mit wenigen Models gearbeitet hast, dass du ein neues Licht-Setup ausprobiert hast, dass du bisher nur Esel fotografiert hast und jetzt in die Portrait-Fotografie einsteigen möchtest… Was auch immer der Fall ist.

Tipp 2: Schreibe die technischen Daten dazu.

Welche Kamera hast du verwendet? Welches Objektiv? Blende, Verschlusszeit, ISO. Welchen Blitz hast du mit welchen Einstellungen verwendet? Wie war dein Setup? Je mehr Details, desto besser.

Tipp 3: Erzähle, warum du das Foto gemacht hast.

War es zur Übung? War es für einen Kunden? Weil du neues Equipment testen wolltest? Schreib nicht einfach “ich habe ein bisschen rumgespielt, mir war langweilig”. Du kannst keine ernsthaften Kommentare erwarten, wenn du deine Arbeit nicht ernst nimmst.

Tipp 4: Bist du zufrieden mit deinem Ergebnis (deinem Foto)?

Was ist mit dem Model? Mag er/sie es?

Tipp 5: Was würdest du anders machen, wenn du das Foto nochmal machen würdest?

Tipp 6: Was möchtest du aus “konstruktiver Kritik” lernen?

Lapidar zu sagen “ich möchte meine Fotografie verbessern” wird genau die Figuren auf den Plan rufen, die dir erzählen, wie scheiße du bist und dass sie selbst die einzig wahren Profis sind. Das willst du nicht.

Das alles ist eine Menge Arbeit für ein einziges Fotos, das du postest. Aber wenn du tatsächlich ernsthaft interessiert bist, deine Arbeit und deine Fähigkeiten zu verbessern, meinst du nicht, das wäre etwas Aufwand wert? Oder bist du einfach zu faul, dir selbst ein paar Gedanken zu machen und Informationen zu geben, erwartest aber von Anderen, dass sie sich damit beschäftigen und auseinandersetzen?

HÖR AUF, nach Bestätigung zu fragen, dass dein Foto geil ist und was für ein toller Typ du bist! Köpfchen streicheln gibt es in sozialen Medien nur von Arschkriechern, Radfahrern oder deiner Freundin. Okay, wenn du jemanden dafür bezahlst, klappt’s vielleicht auch.

WIE SIEHST DU DICH SELBST?Sei du selbst! Mach dein Ding!

Deine Selbsteinschätzung ist ein entscheidender Teil des Lernprozesses bei jedem Schritt deiner Entwicklung. Sei ehrlich mit dir selbst. Die Hälfte der Leute, die “Gefällt mir” klicken, sind nicht ehrlich. Sie sind einfach nett oder möchten freundlich sein. Die andere Hälfte hat genau soviel Ahnung von Fotografie wie du, oder noch weniger. Wie kann dir das helfen?

WIE GEBE ICH DENN SELBST HILFREICHE “KRITIK”?

…die Andere weiterbringt. Du möchtest Anderen helfen? Toll! Das ist ein feiner Zug. Auch hierzu gibt es ein paar einfache Tipps.

Tipp 1: Frage, bevor du antwortest.

Verstehen und Probleme erkennen, führt immer zu besserem, wertvollerem Feedback. Wenn du kommentierst, ohne einige wichtige Informationen zu kennen, wirst du nur Teil des Problems, nicht der Lösung.

Tipp 2: Denke daran:

Nur, weil DU etwas magst oder gut findest, müssen das Andere nicht zwangsläufig auch so sehen. Wenn du also ein Foto kommentierst, behalte im Hintergrund, dass das einzige Richtig oder Falsch physikalische Grundlagen hat. Alles Andere sind Meinungen.

Tipp 3:

Wenn du selbst keine Erfahrungen mit der Art oder dem Thema der Fotografie hast, das du gerade kommentieren willst, schreib nicht irgend etwas, dass du mal irgendwo gehört, gelesen oder in irgendeinem Video gesehen hast. Wenn du das trotzdem tust, schreibe dazu, dass du das irgendwo gehört oder gelesen hast, aber verkaufe diese Information nicht als “Regel” oder deine eigene Erfahrung.

Tipp 4: Sei detailliert!

Ja, konstruktives, hilfreiches Feedback zu geben, ist tatsächlich eine Menge Arbeit. Wenn du zu faul bist, es anständig und richtig zu machen, lass es einfach ganz.

Tipp 5:

kon·s·t·ruk·tiv
kɔnstrʊkˈtiːf,konstruktív/
Adjektiv
1.
bildungssprachlich
aufbauend, den sinnvollen Aufbau (2) fördernd, entwickelnd
“konstruktive Politik, Kritik”

Klar siehst du sicherlich manches Foto, das einfach Scheiße ist. Aber du solltest nicht einfach sagen, dass es Scheiße ist. Sei freundlich, aber trotzdem ehrlich. Sei ermutigend und aufbauend.

Ohne Ermutigung ist konstruktive Kritik nur Kritik.

Wenn du deine eigene Meinung zum Besten gibst, kennzeichne sie als deine Meinung. Die menschliche Sprache hat dafür verschiedene kurze und einfache, leicht verständliche Möglichkeiten. Zum Beispiel: IMHO (in my honest opinion), IMO (in my opinion) oder – um in der deutschen Sprache zu bleiben – mMn (meiner Meinung nach). Das ist nicht soooo schwer, oder?

Die Geschichte hat uns immer wieder gezeigt, dass die kreativsten und erfolgreichsten Menschen die waren und sind, die den Arsch in der Hose haben, Meinungen und Beurteilungen zu ignorieren und ihrer eigenen Inspiration und ihrem Gefühl folgen, egal, was dabei herauskommt.

Tolle und fantastische Fotografie ist nicht abhängig von richtig oder falsch. Wenn du ein wirklich guter oder erfolgreicher Fotograf werden willst, musst du lernen, für deine eigenen Entscheidungen gerade zu stehen und dafür zu leben und zu sterben. Lerne, dass NIEMAND ANDERS das gleiche Erlebnis hatte, das du beim Fotoshooting gemacht hast. NIEMAND ANDERS hat DEINE Erfahrungen gemacht. Erfolg als Fotograf bedeutet, deine Ziele zu erreichen. Das kann sein, tolle Fotos von deiner Familie oder deinen Haustieren zu machen oder auch, deine Rechnungen mit der Kamera zahlen zu können, sprich: von deiner Fotografie leben zu können.

Die Moral der Geschichte ist: Mach, was dich glücklich und zufrieden macht. Fotografie, für die DU brennst, Fotografie, wie DU sie sehen möchtest. Wenn du darüber nachdenkst, ein “Profi” zu werden, bekannter zu werden, mehr Follower oder auch Kunden zu generieren und mit deiner Fotografie Geld zu verdienen: Fotografiere das, was DU gerne fotografierst. Und zwar genau so, wie DU es fotografierst. Und mach das so gut, wie du kannst. Dann finde genau die Menschen, die mögen, was du machst. Denen deine Arbeit gefällt und die bereit sind, dich dafür zu bezahlen. Das wird nicht jeder sein. Das kann ich dir garantieren.

Es gibt eine Menge Leute, die der Meinung sind, meine Fotos sind Scheiße. Und das ist vollkommen okay. Was für mich zählt, ist in erster Linie, dass ICH zufrieden mit meiner Arbeit bin, hinter dem stehe, was ich tue und vor Allem, dass unsere Kunden mich genau deswegen buchen und ich davon gut lebe. Der Rest bezahlt mich nicht und geht mir – ehrlich gesagt – am Arsch vorbei. Da hilft der alte Grundsatz:

I don’t give a fuck about other people’s opinion about me. I know exactly, who I am. I am 100% aware of what I am.

Wem jetzt aufgefallen ist, dass der Greven knapp 6 Wochen gar nicht bei Facebook, Twitter oder Instagram  aktiv war, der hat das vollkommen richtig erkannt. Ich habe mir eine grandiose Auszeit gegönnt. 10.000 Kilometer weg von allem, was mir auf den Sack ging. Das war nicht nur erholsam und entspannend, ich habe eine Menge gelernt und für mich selbst beschlossen, in Zukunft nur noch das zu tun, was mir Spaß macht. Da, wo ich gelernt habe, sagt man: Do shit you love and you’ll never have to work again.

Und wem aufgefallen ist, dass ich in den letzten Tagen und Wochen selbst mal Kommentare wie “Schrott”, “Taugt nix” oder ähnliche wenig sinnvolle – eher blöde – Kommentare zu Fotos abgegeben habe, der hat ebenfalls aufgepasst. Ich brauchte eine Basis, Grundlagen und Material für genau diesen Post hier. Ätsch. :-)

Wie immer: Wenn dir meine Gedanken und meine Worte gefallen oder sogar ein bisschen weitergeholfen haben, würde ich mich freuen, wenn du diesen Artikel mit Anderen teilst. Dann hat sich auch meine Arbeit gelohnt. Danke.

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